Mediation und Depression
Veröffentlicht von Gunnar Cremer in Mediation · Donnerstag 11 Jun 2020
Depressive Verstimmungen fallen nicht vom Himmel. Meist gibt es kurze Zeit davor ein Ereignis, bei dem man verpasst hat, auf seine innere Stimme zu hören: "Sag 'Nein'!"
Wenn man nicht auf die innere Stimme achtet, richtet sich das 'Nein' nach innen und, wenn es ganz doof kommt, bringt man sich in einem schwachen Moment selbst zu Fall.
Ein Nein, das eigentlich nach Außen gehörte, wendet sich, wenn es nicht beachtet wird, zu einem Nein nach innen.
Der Körper stellt mit dem Nein auch ausreichend Abwehrenergie zur Verfügung - das ist die gute Nachricht. Wird aber die Abwehrenergie nicht für die Abwehr eines Angriffes, eines Übergriffes genutzt, entlädt sie sich später nach innen und lähmt die eigenen Antriebskräfte.
Die Mediation stellt Techniken zur Verfügung, die der inneren Stimme helfen, gehört zu werden, so dass die richtigen Entscheidungen getroffen werden können.
In der Mediation wird klar unterschieden: Was sind Ihre Themen, was sind Ihre Interessen? Was sind Ihre Optionen? Wofür sind Sie zuständig? Was ist Ihre Rolle? Wodurch wird Ihre Identität bestimmt?
Diese Klärung sorgt dafür, dass Sie Ihre Grenzen schützen können. Und sie sorgt dafür, dass Sie nicht in anderer Leute Zuständigkeitsbereichen wildern gehen.
Die beliebtesten Identitäts- bzw. Rollenverwechselungen sind: Arzt, Richter, Lehrer und Historiker.
»Der ist doch krank, der Typ.« - Sind Sie gerade in der Rolle eines Arztes?
»Ich bin im Recht und Du im Unrecht!« Sind Sie gerade in der Rolle eines Richters?
»Ich sag Dir jetzt mal, wie das richtig geht!« Sind Sie gerade in der Rolle eines Lehrers?
»So war das gar nicht!« Sind Sie gerade in der Rolle eines Historikers?
Oft, wenn es Streit gibt, nimmt mindestens einer eine Rolle ein, die ihm gar nicht zusteht. In Personalgesprächen zwischen Mitarbeiter und Chef, bei Diskussionen zwischen Ehe- oder Lebenspartnern, in Gesprächen zwischen Eltern und Lehrern, Patienten und Arzt, Angeklagten und Staatsanwalt ... kann man mit ziemlicher Regelmäßigkeit die Rollenverwechslung erleben.
Die Mediation wird oft nur angesehen als ein »alternatives Verfahren zur einvernehmlichen Lösung von Konflikten«. Das greift viel zu kurz. Es wird regelmäßig übersehen, was die Mediation tatsächlich bewirkt: Sie wandelt ratlose, irritierte, manchmal von Emotionen fortgerissene Menschen zu freien, sich sicher fühlenden und klar sehenden Verhandlungspartnern, die ihre Grenzen und Ziele und Verantwortlichkeiten kennen und »Nein-Sagen« können, wo es erforderlich ist. Depression adé.